Interview mit Klaus Gottesleben - Präsident des DTFB

25. Juli 2017
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Die Tischfussball WM 2017 ist nun knapp vier Monate her. Wie fällt Dein Fazit aus?
Ich habe mich dazu vor vier Tagen im Tischfussball Forum ausführlich geäußert, siehe diesen Beitrag.

Die deutschen Spieler waren sehr erfolgreich und haben 18 Medaillen gewonnen. Hand aufs Herz: Wie sehr ärgert es dich, dass die Männermannschaft und die Frauenmannschaft beim Nationencup keine Medaille gewonnen haben?
Das ärgert mich absolut nicht. Warum auch? Beim World Cup sind alle Nationen in Bestbesetzung anwesend, an der Spitze geht es eng zu und jeder kann jeden besiegen. Bei den Herren war im Vorfeld klar, dass es mehr als schwierig ist, die Topfavoriten USA und Luxemburg zu knacken. Einziges Manko in meinen Augen bei den Herren war die schlechte Vorrunde und wie sich das Team dabei teilweise präsentiert hat. Da hätte ich mir deutlich mehr erwartet – und die Zuschauer ebenfalls. Das Ausscheiden gegen Luxemburg im Viertelfinale war keine Überraschung. Und die Damen, die immer noch Rekordweltmeisterinnen sind, spielten nach einer sehr guten Vorrunde auch im Viertelfinale gegen die mitfavorisierten Schweizerinnen auf einem hohen Niveau. Ich hatte das Spiel komplett gesehen und es hing im Endeffekt nur an ein oder zwei Bällen. Das ist Sport und dann muss man einfach auch die Leistung der Gegner anerkennen. Da gab es keinen Grund, sich zu ärgern. Natürlich war es sehr schade, dass uns das Ausscheiden der beiden Teams am Finalsonntag viele Zuschauer gekostet hat. Und im Nachhinein wurde uns auch bewusst, dass wir durch die Konzentration auf die Ausrichtung in diesem Jahr von Funktionärsseite aus etwas weniger fokussiert auf die sportliche Vorbereitung unserer Nationalteams waren. Wir haben daraus gelernt und werden in Murcia 2019 besser vorbereitet sein. Dann greifen wir erneut an!

Sehr gut angekommen bei den Zuschauern ist der Modus bei den National-Wettbewerben. Obwohl ein Spielsatz bis 5 geht, musste man am Ende 21 Tore geschossen haben um den ersten Satz zu gewinnen. Mein Eindruck: Hier ist tatsächlicher JEDER Ballwechsel enorm wichtig und man fiebert von Anfang an mit. Wie beurteilst du diesen Modus und wird es diesen Modus weiterhin bei Nationalmannschaftswettbewerben geben?
Ich bin von diesem Modus absolut begeistert. Es war permanent Druck auf dem Kessel. Erstmals habe ich das Gefühl, dass wir nah dran sind, einen Modus zu haben, der zu unserem Sport im Teambereich perfekt passt. Die finale Entscheidung steht zwar noch aus, die Tendenz ist jedoch so, dass der ITSF dieses race-to-Format beibehält und dann werden wir uns auch im DTFB für unsere Ligen damit beschäftigen.

Vom 06.08.2017 bis 12.08.2017 findet in Westernhohe zum ersten Mal ein „DTFB Kickercamp“ statt. Für eine Teilnehmergebühr in Höhe von 178 € werden Kinder und Jugendliche zweimal täglich á zwei Stunden trainiert. Wie kam diese tolle Idee zustande und mit wie vielen Teilnehmern wird gerechnet?
Wir mussten in Hamburg mal wieder feststellen, dass uns die gesellschaftliche Anerkennung, die wir benötigen, um die nächsten Schritte machen zu können fehlt. Bei der Suche nach den Ursachen wurde uns bewusst, dass dies vor allen Dingen mit dem fehlenden Nachwuchs in Verbindung steht. Aktuell sind lediglich 1,5 % unsere Mitglieder unter 18 Jahre alt. Laut aktueller Statistik sind in anderen Sportarten knapp ein Drittel der Mitglieder Jugendliche. Da fast überall in Deutschland in den Kinderzimmern, den Jugendzentren und Jugendherbergen und vermehrt auch in Schulen Kickertische stehen und die Kinder diese Geräte mit großer Freude nutzen, stellt sich die Frage, warum dieser kickerbegeisterte Nachwuchs nicht zu uns kommt. Wir – und das bedeutet vor allen Dingen die Deutsche Tischfußballjugend DTFJ mit ihrem Vorsitzenden, Engelbert Diegmann - werden intensiv daran arbeiten, das zu ändern. Und dazu gehören auch Freizeitmaßnahmen wie das Kickercamp, das wir zukünftig regelmäßig anbieten werden. Das nächste Camp ist im Dezember in Berchtesgaden und in den Sommerferien 2018 geht es wieder zu den Pfadfindern nach Westernohe. Für unser 1. Camp hoffen wir auf mindestens 10 Teilnehmer, was schwierig ist, da wir den Termin sehr kurzfristig festgelegt haben. Ich bin mir sehr sicher, dass es nicht lange dauern wird und wir werden diese Anzahl deutlich steigern können. Das Feedback, das wir jetzt schon von den Eltern erhalten, ist sehr positiv.


Welche Tischfussball Highlights stehen 2017 noch an?
Im August stehen die Finalwochenenden der Herren- und Damen-Bundesligen an. Dabei dürfen wir uns wieder auf hochklassigen Sport mit einer Vielzahl von internationalen Topspielern freuen. Und dabei geht es erfahrungsgemäß immer sehr emotional zu. Im September starten wir ein gemeinsames Projekt mit Deutschlands größter Pfadfinderorganisation, der DPSG. Ziel ist, in vielen Stämmen Kickertische aufzustellen, damit die Pfadfinder auch bei schlechtem Wetter ein spaßbringendes Angebot haben. Vom 14. – 17. September sind wir dann mit der European Champions League und dem Leonhart WS im saarländischen St. Wendel. Dann schaut die Tischfußballwelt nach Deutschland. Auf dem Weg zum Jahresende stehen dann noch die Junioren-Bundesliga, ein Weltranglistenturnier in Dortmund, die deutsche Universitätsmeisterschaft sowie die nationalen Meisterschaften im Kalender. Unsere Aktiven sowie alle Fans unseres Sports dürfen sich also noch auf viele Highlights im Jahr 2017 freuen.
 
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